SNF-Projekt „Europakompatibilität der Schweizer Finanzmarktregulierung“ (Projekt Nummer 182197)
Das SNF-Projekt befasst sich mit der Frage der Europakompatibilität der Schweizer Finanzmarktregulierung. Hierbei geht es um den rechtlichen Einfluss, den die Drittstaatenordnung des harmonisierten europäischen Finanzmarktrechts auf die Schweizer Finanzmarktregulierung und deren Entwicklung hat. Das zentrale rechtspolitische Anliegen aller Kompatibilitätsbestrebungen ist dabei, den europäischen Marktzugang für Schweizer Finanzinstitute zu gewährleisten sowie den Anleger- und Konsumentenschutz an das internationale bzw. europäische Niveau anzupassen. Dieser Problemkomplex ist in der ausländischen und der Schweizer Rechtswissenschaft erst in Ansätzen und anhand von Einzelfragen erforscht worden. So finden sich zur europäischen Finanzmarktregulierung i.d.R. bloss skizzenhafte Gesamtdarstellungen zur Drittstaatenordnung oder isolierte Betrachtungen konkreter Drittstaatenregeln in ausgewählten Regulierungsbereichen. Aus der Sicht des Schweizer Rechts sind Kompatibilitätserwägungen vorwiegend anhand bestimmter Schnittstellen in isoliert betrachteten Finanzmarkterlassen untersucht worden.
Im Rahmen des Projekts soll der skizzierte Forschungsgegenstand im Rahmen einer umfassenden Studie analysiert werden. Zentral hierfür ist zweierlei: (i) Das Verständnis der Drittstaatenordnung der europäischen Finanzmarktregulierung im europa- und völkerrechtlichen Kontext und, darauf aufbauend, (ii) eine systematische Untersuchung der zahlreichen Interdependenzen zwischen der europäischen und der schweizerischen Finanzmarktregulierung. In methodischer Hinsicht sollen hierfür die einschlägigen europäischen und schweizerischen Rechtsgrundlagen, die Materialien, die schweizerische, europäische und völkerrechtliche Rechtsprechung, die Behördenpraxis schweizerischer und europäischer Aufsichtsbehörden sowie die einschlägige rechtswissenschaftliche Lehre zum schweizerischen, europäischen und internationalen Recht analysiert werden. Das angestrebte Ergebnis des Forschungsprojekts ist die Schaffung einer „Kompatibilitätsdogmatik“, welche den Einfluss des europäischen Rechts auf die Schweizer Finanzmarktregulierung und die damit zusammenhängenden rechtlichen Fragestellungen grundlegend und im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der einzelnen regulatorischen Teilbereiche erforscht. Auf der Basis dieser Erkenntnisse soll die rechtspolitische Kompatibilitätsstrategie der Schweiz und die entsprechende Rechtsentwicklung kritisch beurteilt und prospektive völkerrechtliche, staatsvertragliche und rechtssetzungstechnische Optionen für eine Sicherung bzw. Erhaltung des europäischen Marktzugangs der Finanzdienstleistungsbranche aufgezeigt werden. Die Realisierung des Projekts soll zu einem umfassenderen und systematischeren Verständnis der Drittstaatenstellung der Schweiz in der europäischen Finanzmarktregulierung führen, was aufgrund der zunehmenden Bedeutung des europäischen Rechts für die Schweizer Finanzmarktregulierung und deren Theorie gleichermassen der Rechtswissenschaft als auch der Lehre dient. Eine fundierte Gesamtanalyse der Drittstaatensituation im beschriebenen Sinn ist ausserdem auch eine unentbehrliche Voraussetzung für eine optimierte rechtspolitische Drittstaatenstrategie, die den Marktzugang für die Schweizer Finanzindustrie sichern will.